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Beitrag vom 02.11.2007
Stacey Kent – Breakfast on the morning tram
Silvy Pommerenke
Die amerikanische Jazzsängerin, die bisweilen mit Diana Krall verglichen wird, meldet sich nach vier Jahren Studiopause zurück und wendet sich neuen Themen zu. Was blieb, ist ihre Vorliebe für...
...gefühlvolle und romantische Songs.
Was sich geändert hat, erfährt man gleich auf der ersten Seite des Booklets, denn da ist aufgefüht, was nicht auf diesem Album ist: Gershwin, Porter, Berlin oder Ellington. Aus dem "Great American Songbook" setzte sich nämlich das frühere Repertoire Stacey Kents zusammen, die scheinbar immer ein Lächeln auf dem Gesicht trägt. Mit ihrer ersten Veröffentlichung nun bei Blue Note Records, einem der traditionellsten und alteingesessensten Jazzlabels, schlägt sie einen ganz anderen Weg ein. Dadurch, dass das Label sie unter Vertrag genommen hat, erfüllte sich ihr ein Kindheitstraum, und sie meint, dass es für Steffi Graf wohl das gleiche Gefühl gewesen sein muss, als sie zum ersten Mal bei den US Open in Flushing Meadows gegen Martina Navratilova antrat...
Aber zurück zu Kents neuem Weg: vier der Songtexte auf "Breakfast on the morning tram" wurden dieses Mal explizit für sie geschrieben, und zwar von keinem geringeren als dem britischen Booker-Prize-Träger Kazuo Ishiguro, mit dem die Zusammenarbeit vor fünf Jahren begann. Die lyrischen Texte wurden anschließend von Kents Ehemann, der sie schon seit Beginn ihrer Karriere am Tenorsaxofon begleitet, vertont, und dabei sind wirklich einzigartige Songs entstanden!
Als weiteres Novum auf diesem Longplayer sind zwei Lieder in französischer Sprache von Serge Gainsbourg interpretiert. Dies kommt einem Dankeschön an ihre Fans in Frankreich gleich, die Kents letzte CD von 2003 "The Boy Next Door" mit der goldenen Schallplatte belohnten. Neben dem Franzosen adaptiert sie noch Stücke von Stevie Nicks oder Ray Evans in ihrer unvergleichlich geschmeidigen Art.
Dabei wollte die humorvolle und charismatische Amerikanerin eigentlich ganz andere Wege als die der Musik gehen. Sie kam nach Europa um Sprachen zu studieren, und traf dabei auf ihren jetzigen Ehemann Jim Tomlinson, der damals schon Saxofon spielte. Aus den beiden wurde ein (musikalisches) Paar, und der Werdegang Kents führte direkt in die Jazzszene Londons, wo sie 1997 ihr Debutalbum "Close your eyes" aufnahm. Seitdem wurde sie unter anderem mit dem British Jazz Award und dem BBC Jazz Award ausgezeichnet, und ihr lyrisches Alter Ego Kazuo Ishiguro adelte sie mit dem Prädikat: "A great jazz diva of our age". Wie Recht er hat!
Anspieltipps: "What a wonderful world" würde wohl Louis Armstrong vor Neid erblassen lassen, wenn er noch hören könnte, wie leicht und schwebend man diesen Song wiedergeben kann. "Never let me go", das von seiner Schönheit der Interpretation fast an die unvergessliche Shirley Horn herankommt, betört ebenfalls durch die schwermütige Leichtigkeit, die in jedem Song von Stacey Kent unüberhörbar ist.
Weiterhören: Diana Krall und Madeleine Peyroux
Stacey Kent im Netz: www.staceykent.com
AVIVA-Tipp: Traumhaft schöne lyrische Jazzsongs mit Texten von Kazuo Ishiguro und Klassikern zeichnen das neue Studioalbum von Stacey Kent aus, mit dem sie ihren Ruhm als hoffnungslose Romantikerin einmal mehr unterstreichen dürfte.
Stacey Kent
Breakfast on the morning tram
Label: Blue Note / EMI, November 2007